Dortmunder Boxsport 20/50 e.V.                

Junge Stadtgeschichte einer alten Sportart

Das Amateur- und Profiboxen in Dortmund
(von Bernhard Groha)

Die große Resonanz des Boxens in Dortmund ist eng mit der Geschichte der alten und neuen Westfalenhalle verbunden. Mit dem Glanz bedeutender Kämpfe großer Boxathleten, von Max Schmeling bis Henry Maske, wurde sicher nicht nur das passive öffentliche Interesse geweckt, sondern auch manch junger Sportler dazu animiert, sich selbst einmal im Faustkampf zu versuchen.

Nachdem die Griechen 688 v. Chr. den Faustkampf als olympische Disziplin einführten, wurde der Boxsport in der Neuzeit erstmals von den Engländern um 1770 und kurz darauf auch von den Amerikanern wieder aufgenommen. Deutsche Boxer der Jahrhundertwende mussten noch nach Amerika auswandern, um ihren Sport ausüben zu können: Als die "Germanen devils" machten sich Unholz, Pape, Mantell und Wollgast dort große Namen. Die 1910 erstmals auch in Deutschland ausgetragenen Boxturniere wurden alsbald polizeilich verboten, und das Boxen fristete ein illegales Schattendasein im Umfeld der Schwerathletik.

Vom polizeilichen Verbot zur anerkannten Sportart

Alle Versuche, den Sport auch in Deutschland zu legalisieren, wurden durch den ersten Weltkrieg jäh gestoppt. Doch schon 1920 war der Bann mit der Gründung des Deutschen Box-Verbandes endgültig gebrochen, und das Boxen nahm in Deutschland sofort einen großen Aufschwung.

Mit ihrer Rückkehr aus der englischen Gefangenschaft brachten der später bekannt gewordene Mittelgewichtler Toni Tausch und Trainer Richard Meyer die englische Begeisterung für den Sport auch nach Dortmund. Zeitgleich mit der Gründung des deutschen Dachverbandes gründeten sie mit dem Dortmunder Boxsport V.f.L., dem Vorläufer des Dortmunder Boxsport 20/50, den ersten Dortmunder Boxsportverein. Mit dem Deutsch-Engländer Willi Gnüge fanden sie bald einen strategisch hochentwickelten und äußerst erfolgreichen deutschen Amateurboxer mit Vorbildfunktion. Doch ein noch ganz Junger sollte für den ersten großen Knaller` des Vereins sorgen: Mit sechzehn Jahren erkämpfte sich Erich Trippe 1923 die Deutsche Meisterschaft der Senioren(!) in der Bantamklasse und brachte dem Verein Ruhm und Geld.

Das Dortmunder Boxen der ersten Jahre, führend in Westfalen und Hessen

Auf Betreiben vor allem der Dortmunder Vereine trennten sich 1924 die westfälischen Vereine vom Westdeutschen Amateurboxverband und gründeten mit Hessen den Westfälisch-Hessischen Boxverband. Dies brachte noch im gleichen Jahr auf den Verbandsmeisterschaften fünf Siege und Medaillen in den acht Gewichtsklassen nach Dortmund. Der Dortmunder Boxsport 20 und Boxsport Germania 1922 galten als die stärksten Boxclubs Westfalens, ja des ganzen Verbandes. Im Januar 1928 stand der Dortmunder Boxsport 20 der stärksten deutschen Boxstaffel, Colonia Köln, gegenüber und trennte sich 8:8. Erst durch ein erneutes Aufeinandertreffen konnte Colonia seine ins Wanken geratene deutsche Vormachtsstellung behaupten.

Damals gehörte auch Hugo Uwiss zur Staffel. Als letzter lebender Dortmunder Boxer der Zwanziger Jahre feierte Hugo Uwiss am 5. Januar 2000 seinen 96. Geburtstag.

Er begann seine Karriere bei Germania 22, bevor er zum Dortmunder Boxsport 20 stieß und in den dortigen Reihen zwischen 1926 und 1932 sehr erfolgreich an den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften teilnahm. 1931 und 1932 qualifizierte sich der Club gar für den Endkampf der Deutschen Meisterschaft.

Für den DBS 20 kämpfte auch der später in Berlin lebende und äußerst erfolgreiche Profiboxer Gustav Eder, auch der eiserne Gustav' genannt. Er bestritt beim legendären 8:8 den Hauptkampf und holte gegen Domgörgen den entscheidenden Punkt. Eder kam aus Bielefeld zum DBS 20 und wechselte noch im gleichen Jahr ins Profilager. Er war von 1930 bis 1949 neunzehn Jahre Deutscher Meister im Weltergewicht und stellte damit einen Rekord im deutschen Boxen auf. Von 1934 bis 1936 war Eder Europameister.

Erfolgreichster Dortmunder Amateurboxer der Dreißiger Jahre war Karl Schmedes (DBS 20) mit vier Deutschen Meistertiteln im Leichtgewicht von 1933 bis 1936 und einer Bronzemedaille bei den Europameisterschaften 1934.

Auch in Mengede wurde gekämpft. Unter Trainer Franz Schulte entwickelte sich beim AC Goliath Mengede eine beachtliche Boxermannschaft. Da man einem Schwerathletikverein angeschlossen war, kämpfte man im Deutschen Athleten-Bund (DAB) um Punkte und Meisterschaft. Die Überraschung gelang, als man 1929 den Endkampf um die Deutsche Meisterschaft erreichte und den Gegner Polizei-Danzig im Mengeder Asselmannschen Saal mit 9:7 besiegte. Die Gebrüder Bux, Karl Lieder, Fritz Stegmann, Rudi Horsthofer und Heini Hölscher boxten damals in der Mannschaft.

Kurz darauf trennte sich die Boxabteilung vom AC Goliath, gründete den BSV Mengede und trat dem Deutschen Amateur-Box-Verband (DABV) bei. Heini Hölscher wurde kurz darauf 1931 Deutscher Vizemeister im Schwergewicht. Trotz großer Einzelleistungen konnte sich die Mannschaft, bedingt durch zahlreiche Abgänge guter Boxer, bis zum Kriegsausbruch nur mit wechselvollem Erfolg behaupten. Vor Kriegsausbruch zählte die Stadt Dortmund siebzehn Boxsportvereine.

Dazu gehörte der jüdische Boxverein "Der Schild" nicht mehr. Er wurde Ende der Zwanziger Jahre als erster und einziger jüdischer Sportverein in Dortmund, der sich ausschließlich einer Sportart widmete, gegründet. Als die Juden nach der Machtergreifung Hitlers auch im Vereinsleben separatiert wurden, war dieser Verein allerdings unerwünscht. Er wurde 1938 aufgelöst.

Die Boxbegeisterung nach dem 2.Weltkrieg und der Weg vieler Boxer ins Profilager - Alles oder Nichts

In den Nachkriegsjahren war die Zahl der Dortmunder Boxer, vor allem die unübersehbar vielen Nachwuchsboxer wie die Anzahl der wiederbelebten und neu gegründeten Vereine enorm. Die Ausübung des Sports blieb von den widrigen Umständen der damaligen Zeit relativ verschont. Übungsgeräte wie Sandsäcke und Boxringe konnten improvisiert und Wettkämpfe ohne großen Aufwand aufgenommen werden. So zählte das Boxen auch im Kreise der heute im StadtSportBund Dortmund e.V. vertretenen Fachschaften zu den dreizehn Gründungsmitgliedern. Doch die Vereine bekamen Gegenwind. Sie verloren ihre besten Leistungsträger an einen schweren Gegner, den es in anderen Sportarten zur Nachkriegszeit (noch) nicht gab: den Berufs(box)sport.

Es gibt wohl kaum eine andere Sportart, in der die Trennung von Amateur- und Profisport so deutlich vollzogen ist. Von Anfang an war der Boxsport mit zwei Dachverbänden in ein Amateur- und ein Profilager geteilt. Ein erfolgreicher Aufsteiger im Profisport ist mit einer Siegesserie durchaus in der Lage, seinen Wohlstand zu mehren. Die Kehrseite: Bei fehlendem Erfolg ist man weder in der Öffentlichkeit, noch vom eigenen Management gefragt und wird fallen gelassen. Nach einer missglückten Profikarriere war den Berufsboxern der Weg zurück ins Amateurlager verwehrt, nur die Profitrainer durften in den Amateurboxsport zurückkehren. Günstige Veranstaltungsbedingungen, wie damals im Stadion Rote Erde', waren für die Berufssportler und ihre Manager im Dortmund der Nachkriegsjahre vorhanden.

Das Interesse des Dortmunder Publikums an der Sportart war überdurchschnittlich. Manager und Trainer suchten Lokalmatadore und wurden in der Nachkriegszeit leicht fündig. Allein vom Dortmunder Boxsport 20 wurden Puchalski, Karl Schmedes, Robert Ehm und Horst Kemena gewonnen. Auch Hans Friedrich, Theo Baumjohann und der Wittener Erich Schöppner wurden Profis. Zwei spätere Berufsboxer erkämpften sich schon als Jugendliche deutsche Meistertitel im Amateurbereich: Hansi Strelecki im Mittelgewicht B 1944, Heinz Neuhaus im Halbschwergewicht 1942 und im Schwergewicht 1943. Beide standen sich übrigens 1949 bei der Stadtmeisterschaft im Stadion Rote Erde gegenüber, als sie einmal in der gleichen Gewichtsklasse boxten - denn in der Zeit vorher wie nachher war Neuhaus schwerer - und trennten sich Unentschieden.

Rudi Pepper war einer der ersten, der 1947 einen Vertrag bei Trainer und Manager Otto Bürger bekam. In den Kriegsjahren war der Mittelgewichtler von Edelstahl Dortmund äußerst erfolgreich. Er gewann vier Deutsche Meistertitel zwischen 1939 und 1944 im Mittel- und eine 1943 im Halbschwergewicht, sowie eine Bronzemedaille bei den Europameisterschaften 1942. (Anm. d. Red.: Wobei es sich wohl um das faschistisch eroberte Europa der Zeit gehandelt haben dürfte.)

Obwohl Pepper von 41 Berufskämpfen nur vier verlor, blieb ihm der große Durchbruch versagt. Eine langsam abnehmende Sehstärke zwang ihn 1951, seine Lizenz als Berufsboxer zurückzugeben. Mit der Einweihung der Westfalenhalle 1952 bekam das Profiboxen in Dortmund eine neue Dimension. Ab sofort managten die beiden Berliner Achim Göttert und Walter Englert die großen Kämpfe. Verwundert schrieb die Presse im Vorfeld der Ereignisse des Kampfes Neuhaus - Sys 1952 um die Europameisterschaft im Schwergewicht, dem ersten in der neuen Westfalenhalle: "Die Inhaber des deutschen Monopols, die Boxzaren Göttert und Engten, wie sie sich selbst so gern nennen hören, haben die Halle zum üblichen Unkostensatz von etwas über 20.000 DM gemietet und gedenken aus diesem Kampftag, wie sie in ihrem Presseempfang ganz öffentlich bekundeten, so etwa 250.000 DM herauszuziehen. 19.000 Zuschauer bei Eintrittspreisen von 4 bis 40 DM. An solche Rechnung ließe sich für die Erbauer immerhin ein kommunalpolitisches Kolloquium anhängen..." (1)

Zwei, die in Dortmund Geschichte machten: Heinz Neuhaus und Willy Quatuor

Zwei Dortmunder Boxer konnten sich auf dem harten Boxmarkt mit großem Erfolg bewähren: Heinz Neuhaus und Willy Quatuor.

Heinz Neuhaus, Jahrgang 1926, Schwergewichtler. Profi seit 1949, Fußballfan und immer ein angenehm ruhiger Darsteller im oft selbstgefälligen Zirkus der Profiboxer, war ein Mann mit äußerst effektiver Schlagpräzision. Weder Techniker, noch Heißsporn, lag seine Kunst und Kraft im geübten Studium des Gegners, mit denen er im Ring Schach spielte. Es konnte auch Blitzschach sein: Viele als gleichwertig eingeschätzte Gegner sind äußerst früh zu Boden gegangen.

Im März 1952 ging es im Kampf des Jahres' gegen den Belgier Karel Sys um den Europameistertitel. Neuhaus gewann umstritten nach Punkten. Die belgische Presse urteilte: Es war ein Sieg der Kraft über das Können", und selbst Max Schmeling urteilte: "Neuhaus hat zwar angenehm überrascht, aber Sys bot die reifere Leistung." Die Schmälerung seines Triumphes durch die Kritiker muss ihm wohl im Magen gelegen haben. Die Deutsche Meisterschaft hatte er bis dahin noch nicht. Um diese ging es vier Monate später, am 20. Juli 1952, als 40.000 Zuschauer das Stadion Rote Erde' füllten. Leider gab es diesmal nicht viel zu sehen: Schon nach 50 Sekunden siegte Neuhaus über seinen Gegner Hein ten Hoff durch K.o. in der ersten Runde.

Auf europäischer Ebene alles erreicht, blieb Neuhaus der große Publikumsmagnet und die Verkörperung des Dortmunder Boxens in den Fünfziger Jahren. Mit 58 Kämpfen und stattlichen 42 Siegen in neun Jahren verließ Heinz Neuhaus den Ring.

Willi Quatuor wurde 1955 von Otto Bürger entdeckt, nachdem er erfolgreich unter Trainer Erich Peterlein bei den Faustkämpfern 27 trainiert wurde. Am 16. November 1967 verfehlte Quatuor den Weltmeistertitel im Halbweltergewicht in Japan im Kampf gegen Takeshi Fuji nur knapp. Wegen einer durch einen unglücklichen Zusammenprall entstandenen Platzwunde am Kopf wurde der Kampf abgebrochen und zugunsten Fujis entschieden, obwohl Quatuor nach Punkten geführt hatte.

Deutsche Meisterschaften vom Feder- über Leichtund Halbwetter- bis zum Weltergewicht hatte er sich längst erkämpft. Die Sportkritiker schätzten seine exzellente Technik; bei den Wahlen zum Dortmunder Sportler des Jahres belegte er damals stets die Top 10.

Durch die geringe Publikumsresonanz für die leichteren Boxklassen in Deutschland bedingt, aber auch mangels qualifizierter Gegner suchte Willy Quatuor solche zunehmend im Ausland. In Mittelmeerländern wie Italien boxte er vor großen Zuschauermengen, wie auch in Übersee: in Asien, Australien, den USA und Hawaii. Der Europameister 1964 im Leicht- und 1966 im Halbweltergewicht errang in 79 Kämpfen 68 Siege und fünf Unentschieden. Er hat durch seine Karriere sehr viel von der Welt gesehen und absolviert mit 63 Jahren heute noch regelmäßig sein Boxtraining.

Nicht ganz so erfolgreich, jedoch ebenso hervorragend kämpften damals die ins Profilager abgewanderten Boxer Theo Baumjohann, Heinz Düsing, Hans Friedrich, Horst Kemena, Paul Potisek, Rolf Peters, der schon erwähnte Hansi Strelecki und Werner Mundt. Mundt, der 1961 bei den Amateuren schon Deutscher Meister im Halbweltergewicht wurde, erkämpfte 1965 auch den Deutschen Meistertitel im Superweltergewicht der Profis.

Ein tragischer Unfall

Karl-Heinz Bick, Deutscher Meister im Federgewicht 1951 bei den Junioren, wechselte ebenfalls in das Profilager. Er war damals neben Neuhaus einer der beliebtesten Boxer der Stadt.

Als Leichtgewichtler trat er 1957 in der Westfalenhalle gegen Manfred Neuke aus Delmenhorst zum Kampf vor 6.000 Zuschauern um die Deutsche Meisterschaft an. Bick sollte den Kampf nicht überleben und hinterließ Frau und Kind. Sowohl der Ringrichter als auch Neuke hatten das Augenmaß weit überschritten, das man sportlich nennt. Untersuchungen ob des gesundheitlichen Zustandes Bicks, der kurz zuvor an einer Mandelentzündung gelitten hatte, verliefen ergebnislos.

Fast zeitgleich nahm in der großen Halle nebenan der sportliche Gedanke ebenfalls Schaden an diesem Tage: Im Kampf Neuhaus - Bygraves wurde Joe Bygraves (Jamaica) wegen fortgesetzter Tiefschläge in der 6. Runde disqualifiziert und musste vor einem wütenden Dortmunder Publikum unter Schutz hinaus geleitet werden.

Noch bis 1967 fanden in der Westfalenhalle jährlich Großkampftage der Berufsboxer statt. Doch die Zuschauerzahlen sanken ebenso wie das Ansehen des Boxens in der öffentlichen Meinung während der Flower-Power-Zeit, was bis Ende der 70er Jahre anhielt. Mitte der Siebziger Jahre wurden die Großkampftage eingestellt.

Dortmunder und westfälische Boxtalente überlegten sich reiflich den Schritt ins Berufslager und sagten meistens nein.

So blieb Willy Quatuor der letzte große Dortmunder Berufsboxer.

Auch die Boxamateure waren ebenso von der Entwicklung betroffen. Sie mussten sich einiges einfallen lassen, um neben den Gladiatoren` zu bestehen.

Quo vadis - Amateurboxsport?

1946/47 existierten 26 Boxvereine in Dortmund. Der größte Teil dieser Vereine verschwand bald darauf: Die Boxer konzentrierten sich in zahlenstärkeren Vereinen. Trotz der vielzähigen Abwerbungen durch den Berufsboxbetrieb hatten die Boxvereine zu der Zeit kaum Probleme, eine komplette Mannschaft vom Fliegen- bis zum Schwergewichtler aufzustellen. Der TuS Eving-Lindenhorst, der BSV Mengede und die ÖSG Viktoria Dortmund berichteten in ihren Festschriften über ihre jeweilige Dominanz im Dortmunder Boxsport der folgenden Jahre, die chronologisch in dieser Reihenfolge existiert hat. Doch zunehmend hatten die Vereine Probleme, die unteren Gewichtsklassen zu besetzen. Die Boxsportvereine mussten nun kreativ und solidarisch sein, um ihre Attraktivität aufrecht zu erhalten. Leider war der DABV damals wenig kreativ, um die Vorschrift von acht Kämpfern aus acht Gewichtsklassen, die nur so eine wettkampffähige Mannschaft bilden, zu ändern.

Erste Konsequenz waren, wenn sich Vereine ergänzen konnten, Kampfgemeinschaften, wie zum Beispiel die der Boxfreunde 29 Hörde und der Polizei Grün-Weiß im Jahre 1954.

Der zweite Schritt im Jahre 1957 ging noch ein gewaltiges Stück weiter: Um dem Dortmunder Amateur-Boxsport neue Impulse zu geben, haben die zehn Boxvereine Großdortmunds eine Interessengemeinschaft gebildet und eine starke Kernmannschaft aufgestellt., die nun im Juli erstmalig Köln zum Gegner hat. Gabriel (Faustkämpfer) fungiert als 1. Vorsitzender, Horoba als Geschäftsführer und Paul Rohden, der Viktoria zu ihrer jetzigen Größe verhalf, als Pressewart" (2). Eine Stadtmannschaft war gegündet worden. Die Mannschaft bestand, nach Gewichtsklassen aufwärts geordnet mit ihrer jeweiligen Nr. 1, aus: Tinner (Faustkämpfer), Rößnick (Dorstfeld), Ebeling (Südost), Skroblin (Dorstfeld), Reuemund 1 (ÖSG), Zander (Südost), Caroli (ÖSG), Niedzwicki (Südost), Rittmeyer (Südost) und Horoba (ÖSG).

Ein dritter Schritt war die von Paul Rohden inszenierte Stadtmeisterschaft der Clubs, die zwar vom Publikum angenommen wurde, jedoch wegen der hierzu gebildeten Kampfgemeinschaften der kleineren Vereine von den größeren, die komplette Mannschaften aufzubieten hatten, als Wettbewerbsverzerrung abgelehnt wurden. 1961 wurde diese Stadtmeisterschaft einmalig durchgeführt. Die Schützlinge des Trainers Otto Bürger von Faustkämpfer 27: Skadlubowitz, Behrendt, Mundt, Mayka, Reichmann,

Meier, Klisch und Rux dominierten diesen Wettbewerb und wurden Mannschafts-Stadtmeister. Daneben bekam der Breitensport und die Nachwuchsarbeit neue Impulse: die Dortmunder Jugend kämpfte um 1960 wieder um (west)deutsche Meistertitel kräftig mit. Der damals jüngste Verein, der BC 55 Huckarde, setzte hierzu beeindruckende Akzente.

Trotz aller kreativer Schübe im Dortmunder Amateurboxsport vermochte nur die ÖSG Viktoria, in den Sechziger Jahren einen für Publikum und Sportler attraktiven Boxsportbetrieb aufrecht zu erhalten: "Der Krebsgang läuft in Dortmund bereits seit 1961. Es fehlen überdachte Kampfstätten, um von der Witterung unabhängig zu sein. Die meisten Clubs scheuen Mühe und Risiken. Beim BSV Mengede und BSV Lütgendortmund gibt es wenigstens von Zeit zu Zeit Vergleiche. (...) Da glaubte man an einen neuen Aufschwung, als der BR Südost seine Pforten schloß und seine Kämpfer zu ,27` gingen". Schwierigkeiten mit den Kampfstätten haben nach wie vor BR Dorstfeld und der DBS 20, seitdem der Rittersaal geschlossen ist." (3)

Werner Puls (ÖSG Viktoria) regt die Gründung einer Box-Bundesliga an - Vereinsfusion im Westen

Was für die Vielfalt des Dortmunder Boxens galt, galt nicht für alle Vereine. Die ÖSG Viktoria konnte mühelos eine komplette Box-Staffel stellen, fand aber kaum Gegner. Es war Werner Puls von der ÖSG, der beim DABV seinen Wunsch vortrug, eine deutsche Mannschafts-Meisterschaft zu organisieren. Dort nahm man den Gedanken auf und startete 1969, wenn auch inoffiziell, mit einer bundesweiten Liga aus zwölf Staffeln. Ein Jahr später wurde daraus die offizielle Box-Bundesliga geboren. Drei Jahre konnte sich die ÖSG ausgezeichnet platzieren und zählte zur deutschen Spitze, begrüßte einmal in einem Kampf gegen den PSV Berlin gar 7.000 Zuschauer, doch danach schlief das Staffel Boxen bei der ÖSG wieder ein.

Ende der Siebziger Jahre stellte man noch einmal eine Stadtauswahl für die Liga zusammen, die sich jedoch kurze Zeit später wieder auflöste. Im Westen der Stadt gab es ein Signal für einen Neuanfang: Mit der Fusion des Dortmunder Boxsports 20 und dem Boxring 50 Dorstfeld wurde - passend im Jahr 1970 - der Dortmunder Boxsport 20/50 aus der Taufe gehoben. Mit großzügiger Unterstützung durch den Boxfreund und -mäzen Gustau Degener konnten zahlreiche Veranstaltungen und Clubvergleiche durchgeführt werden.

Von Anfang an setzte der Verein auf Völkerverständigung: Erstmals stieß am Ende des Jahres (1972) eine große Anzahl ausländischer Sportfreunde zum Verein. Junge Boxer traten mit Erfolg an die Öffentlichkeit. Bei der Bezirksendrunde 1973 in Eving errangen die Kämpfer Karagöz, Mühlbauer und Baschin den Bezirksmeistertitel. Macit, Towara und Geruschke wurden Vizemeister.(4) Die damals begonnene beispielhafte Integration gilt bis heute für den Verein. Wir sehen Boxen als Breitensport, als Körperertüchtigung an, die auch Spaß machen soll. Uns sind internationale Freundschaften wichtiger als Medaillen, bekennt Vereinsvorsitzender Dieter Schumann. Damals boxten Lybier, Iraner, Türken, Italiener, Griechen, Briten und Deutsche gemeinsam in den Vereinsreihen.

Der Box-Club Dortmund - Kampfgemeinschaft aus vier Vereinen

1986 brachen für das Dortmunder Boxen neue Zeiten an: die Vereine BSV 20 Mengede, Dortmunder Box-Sport 20/50, TuS Eving - Lindenhorst und ÖSG Viktoria Dortmund schlossen sich zur Kampfgemeinschaft Dortmund zusammen. Mit Unterstützung des am 5. Mai 1986 gegründeten Förderkreises des Amateurboxsports, der einen Teil der finanziellen Risiken übernahm, stellten die Manager Dieter Schumann, Werner Puls und Udo Finke ein Team zusammen. Die besten Kräfte der Dortmunder Vereine, aber auch Boxer, die in Vereinen von Wolfsburg bis Düsseldorf - mit Schwerpunkt Westfalen - ansässig waren, bereicherten das Team. Schon nach der ersten Saison in der Oberliga 1986187 konnte man in die 2.Bundesliga aufsteigen. Ab sofort nannte man sich 1. Dortmunder Box-Club und startete unter dem Slogan "Boxen ist in Dortmund wieder ,in"` in die neue Saison. Fast wäre dem 1. DBC der Durchmarsch in die Bundesliga gelungen, doch am Ende belegte man hinter Berlin den zweiten Platz.

Leitfigur und Star des Teams war zweifellos Schwergewichtler Wim Gerritsen von der ÖSG Viktoria, der in dieser Saison alles gewann und 18:0 Punkte holte. Insgesamt drei Jahre schwang der Dortmunder Box-Club in der Bundesliga die Fäuste. Die Top-Boxer des Teams nach Klassen: Wim Gerritsen (Schwer), Paul Davies (Schwer/Halbschwer), Dirk Franken (Halbschwer), Oliver Hauch und Orkan

Delibas (Mittel) Ewald Tenhumberg und Dirk Schüler (Halbmittel), Bernd Giese und Yücsei Kara (Welter), Thomas Winogrodski (Halbwelter), Sven Platzak und Regilio Tuur (Leicht), Antonio D'Agostino und Andreas Baron (Feder).

Der Abstieg erfolgte nicht aus sportlichen, sondern aus finanziellen Gründen freiwillig. Die Besucherzahlen hatten in den drei Jahren Bundesliga nicht ganz die Erwartungen erfüllt, was auch die Sponsoren, insbesondere die Mäzene Franz Schlüter und Werner Wirsing-Luke in die Defensive gehen ließ. Am Ende fehlten Schatzmeister Udo Finke 30.000 DM, und auf finanzielle Abenteuer wollte man sich von Beginn an nicht einlassen, dies hatte man sich klar vorgegeben. 1991 wurde der Box-Club Oberligameister, doch er verzichtete abermals auf eine Teilnahme in der 2. Bundesliga. Da die Kampfgemeinschaft auf diese Weise sich selbst keine Zukunft mehr gab, zog man sich von der Ligateilnahme zurück und löste sich 1993 auf.

Engagierte Boxer in der Öffentlichkeit: Veranstaltungsvielfalt, soziale und kulturelle Integration, kompetente Nachwuchsarbeit

Im Prinzip ersetzt Dieter Schumann mit seiner Ehrenamtlichkeit ein ganzes Marketingbüro, ob als Vereins- oder als Fachschaftsvorsitzender. Er war auch beim Boxsport Dortmund die integrative Kraft, die alle Vereine, Sponsoren und Verhandlungspartner unter einen Hut bekam.

Mit vielen, auch außersportlichen Veranstaltungen, wie dem Prominentenstammtisch des Dortmunder Box-Sports (seit 1985), der Vergabe des Goldenen Handschuhs' an Sportler und Prominenz, der Auszeichnung Dortmunder Boxer des Jahres (seit 1970) und dem Preis des Dortmunder Boxsports 20/50 auf der Wambeler Rennbahn (seit 1982) sorgen er und sein Verein seit Jahren für Publicity. Damit will man vereint den Beweis antreten, dass Boxer nicht nur im Ring bestehen, sondern Hand, Herz und Hirn bei Ihnen eine enge Verbindung eingehen. Verantwortung auch außerhalb des Ringes zu übernehmen ist für die Boxsportler Ehrensache. Spielfeste, Ferienfreizeiten und kostenlose Trainingskurse für sozial Schwächere sind häufig.

Wären in der nachfolgenden Tabelle der großen Dortmunder Boxerfolge auch die Erfolge der Jugendlichen bis 16 Jahre aufgeführt - sie wäre um einiges länger. Und es sind die Nachwuchsboxer, die auch den beiden neu gegründeten Vereinen Box-Sport-Club 92 Dortmund und Dortmunder BoxRing 1994 erste Publicity bringen, denn auch dort wird erfolgreich Trainingsarbeit betrieben. Claudia Franck vom DBS 20/50 erwägt den Antritt einer Profikarriere im immer noch mit Vorurteilen behafteten Frauenboxen. Große Erfolge feiert der ,Talentschuppen` der ÖSG Viktoria: Waldemar Schamder (15) und Rinat Karimow (14) errangen Westfalentitel, Semih Akkaue gar die westdeutsche Meisterschaft. Der Fliegengewichtler Igor Dreschkin ist zwar schon 19, hat aber seine Boxkarriere gerade erst begonnen und gilt als Riesentalent. In der gleichen Gewichtsklasse machen Dimitri Beck (Boxring Nette) und Alexej Schaubert (BSK 92) in der Jugend A von sich reden.

Und, last but not least, hat Ali Balhas (DBS 20/50) 1998 nach zehn Jahren zum ersten Mal wieder eine Deutsche Meisterschaft im Boxen nach Dortmund geholt.

                                                                          Von Bernhard Groha

Quellenhinweise:

1) Blick in die Stadt vom 1.3.1952
2) Blick in die Stadt vom 29.6.1957
3) Blick in die Stadt vom 16.8.1969
4) Festschrift 10 Jahre Dortmunder Boxsport 20/50
5) Westfälische Rundschau vom 20.12.1989

Große Dortmunder Boxerfolge
(Amateure, ab Junioren)
Name Verein Titel Gewichtsklasse
Erich Trippe DBS 20 DM 1923 Bantam
Karl Schmedes DBS 20 DM 1933, 34, 35, 36 3. EM 1934 Leicht
Rudi Pepper Edelstahl Dortmund DM 1939, 40, 42, 44 3. EM 1942 Mittel
Strahl DM 1944 Bantam
Karl-Heinz Bick ÖSG Viktoria DJunM 1951 Feder
Rudi Horoba ÖSG Viktoria DJunM 1952 Mittel
Rolf Peters Boxring Südost DM 1956 Mittel
Werner Mundt Boxring 27 DM 1961 Halbwelter
Bernd Cibulski DBS 20 DJunM 1963 Halbmittel
Hans Marquardt ÖSG Viktoria DJunM 1969 EJunM 1969 Leicht
Walter Stork ÖSG Viktoria DJunM 1972 Halbfliegen
Günter Löw ÖSG Viktoria DJunM 1976 Fliegen
Dieter Weinand ÖSG Viktoria DJunM 1978 2.EJunM 1980 DM 1981/82/83 Halbmittel / Mittel
Ewald Weinand ÖSG Viktoria DJunM 1979 Fliegen
Stefan Böckstiegel TuS Eving Lindenhorst DJunM 1981 Leicht
Werner Weinand ÖSG Viktoria DJunM 1982 Leicht
Walter Broll BSV Mengede DJunM 1982 1983 Welter / Halbmittel
Rainer Mattukat TuS Eving Lindenhorst DJunM 1982 Mittel
Jörg Kästner ÖSG Viktoria DJunM 1983 DM 1987 Feder / Leicht
Ulrich Besken DBS 20/50 DJunM 1984 1985 DM 1987 1988 Fliegen
Thomas Düsberg ÖSG Viktoria DJunM 1988 Schwer
Ali Balhas DBS 20/50 DJunM 1998 Schwer

Die Dortmunder Boxsportvereine im Jahr 2000:

Dortmunder Boxsport 20/50 (Innenstadt West), seit 1920 als Dortmunder Boxsport-VfL
ÖSG Viktoria 08 Dortmund (Innenstadt Ost), seit 1931 als Boxfreunde Köme, seit 1946 ÖSG
BSV Mengede 1920 (Nette), seit 1920 Abtlg. AC Goliath, seit 1930 BSV
Dortmunder Faustkämpfer 1927 (Innenstadt Nord)
Box-Sport-Klub 92 Dortmund (Innenstadt Nord)
Dortmunder Box Ring 1994 (Nette)

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